"Glaubst du ich möchte Adam mit zum Dome nehmen? Ich bin doch nicht bescheuert. Die Obermufftis wollen doch gerade das. Den Gefallen werd ich ihnen nicht tun. Mir hat nur der Gedanken Bauchschmerzen bereitet den Sarg in Jackals Obhut zu geben... aber das hat sich ja anscheinend erledigt."
Das war schonmal beruhigend. In der Tat war der Latina schon aufgefallen, dass sich Jackal nach der Auseinandersetzung mit dem Anführer wohl still und heimlich aus dem Staub gemacht haben muss, um auf eigene Faust zum Forschungszentrum zu gehen.
Ruhe in Frieden, so gut wie er auf sich selbst aufpassen konnte.
Hju spachtelte munter weiter, offenbar in Gedanken versunken.
Das war’s schon gewesen?
Irgendwie hatte sie sich da schon etwas mehr erhofft, nachdem sie ihm mehr oder weniger freiwillig fast schon ihr Herz ausgeschüttet hat.
Léo stupste ihn an und schaute fragend drein.
"Mhh... unser bekloppter Kamikaze Versuch wird stattfinden.“
Das zu verhindern hatte sie innerlich schon aufgegeben. Viel zu viele Wischi-waschis hier.
„Aber ohne Adam. Was dich angeht..."
Jackman stellte die Ravioli beiseite und schob sich ein Stück von der Klippe weg, seine Beine hingen so nicht mehr baumelnd über dem Abgrund.
"...keine Ahnung. Es ist schwer jemanden zu überzeugen der so stur ist wie du.“
Muchas Gracias, señor.
„Ich mein... jetzt mal ehrlich, du scheinst dir deine Meinung ja bereits gebildet zu haben.“
Absolut.
„Was könnte ich da also noch groß sagen? Wenn ich sage, dass wir der Schlange den Kopf abschneiden können glaubst du nicht, dass es sowas wie einen Anführer gibt. Wenn ich sage, dass die Leute Ihre Familien retten wollen, tust du es als Egoismus ab. Wir sagen, wir dürfen sie nicht im Stich lassen und müssen sie retten, du sagst wir opfern uns für die falsche Sache. „
Gute Zusammenfassung ihrer 1-A Argumentation.
„Das Ding ist... selbst wenn ich jeden deiner Einwände entkräften würde...“
Was er eh nicht schaffen würde...
„Würdest du vermutlich trotzdem einen Grund finden, um nicht mitzukommen.“
Hat sie auch schon jetzt.
„Du hast keine Einwände, du hast nur Vorwände.“
Den Spieß könnte man auch umdrehen.
„Es gibt hier kein richtig, es gibt kein falsch.“
...Díos mio, jetzt wird er mit Ansichtenscheiß kommen...bitte nicht.
„Du glaubst es sei richtig zum Forschungszentrum zu gehen? Du hast recht, es wäre richtig dorthin zu gehen. Doch es ist falsch dafür Menschen zu opfern, die man nicht opfern muss. Es wäre richtig die Leute von Shengs Hope sofort zu retten, aber es ist falsch dafür die Mission in Gefahr zu bringen."
...und da haben wir den Ansichtenscheiß. Zwei Seiten der Medaille, blabla. Léo hasste es, wenn man ihr damit kam Denn leider kann man da wenig gegen sagen.
Dadurch werden nur jegliche Meinungen und Entscheidungen gutmenschig auf eine Ebene gestellt, was das Eine so gut wie das Andere macht und damit egal, wie man sich entscheidet. Also im Endeffekt entschied dann die Mehrheit, der allein macht es wenig Sinn, das Forschungszentrum aufzusuchen.
Solche Logik ist ne ganz miese, ausgelutschte Puta. Aber echt.
Jackman atmete tief ein und aus.
"Ich für meinen Teil werde definitiv zum Alamodome gehen und Adam garantiert nicht mitschleifen. Denn ich bin fester Überzeugung, dass wir das für uns Richtige tun. Also... danke... für die Ravioli. Wer weiss ob wir die Gelegenheit noch einmal haben."
Der Ton in seiner Stimme gefiel ihr überhaupt nicht und ließ sich alle ihre Nackenhaare aufstellen.
Da war eine Schwere, die alle Alarmglocken klingeln ließ bei der Schwarzhaarigen.
Doch noch ehe sie irgendwie reagieren konnte, krönte Hju seine „Darbietung“.
Er legte seine Rechte in Ihren Nacken und während er sich nach vorn beugte, zog er Léo Kopf langsam zu sich und drückte Ihr einen Kuss auf die Lippen.
Bingo. Alles in ihr begann zu kribbeln.
Die Berührung war nur von kurzer Dauer, er löste sich wieder von ihr und schaute ihr in die Augen.
All die unerfüllten körperlichen Sehnsüchte der letzten Wochen kamen wieder in ihr hoch und schrien ihr zu, wie sehr sie das wollte. Mit aller Mühe unterdrückte sie den Drang, ihn nicht einfach hier an Ort und Stelle zu nehmen.
"Wofür du dich auch immer entscheidest... teils mir einfach mit. Wenn du dich nicht entscheiden kannst... teils mir einfach mit. Vielleicht finden wir ja noch eine Möglichkeit dich zu überzeugen. Dann muss ich das nicht allein machen."
Der Sack wusste ganz genau, was er tat und sie war so sehr Sklave ihrer Instinkte und Leidenschaften, dass sie dem Nichts entgegen zu setzen hatte. Da hätte er dieses schmalzige Ende nicht noch dransetzen müssen.
Léo wurde klar, wie verdammt gut er Leuten etwas vormachen konnte. Denn sie konnte nicht sagen, ob er das ernst meinte oder es einfach ne verdammt gute „Geschichte“ war, die er ihr auftischte.
Ihre Gesichter immernoch nur Zentimeter voneinander entfernt, schweifte ihr Blick zum Rest der Gruppe.
Jegor hatte sich wegen irgendwas scheckig gelacht und ging nun friedlich neben Evi zu den Anderen am Lagerfeuer. Also hat er sich weichklopfen lassen.
Absolut glänzend.
Er war der Einzige gewesen, mit dem sie fest gerechnet hatte von seinem Auftreten und der Leidenschaft seiner Worte her.
Alleine macht es keinen Sinn, zum Forschungszentrum zu gehen. Die Hockerbande, die sicher bei Adam bleibt, hat garantiert zu viel Schiss dazu. Und mit denen Löcher in die Luft gucken, während die Gutmenschen zum Dome gehen und sich gegenseitig zerfetzen werden... dann packt sie sich lieber ein paar Nüsse ein und genießt da die Show.
Mierda, mierda, mierda.
Zähneknirschend sah sie wieder Hju an. Léo packte ihn an seinem engen Shirt.
"Esta gacho....also gut, aber das heißt nur, dass ich mitkomme, nicht, dass ich gleich meinen Arsch für irgendeine Roulladentrulla oder so riskiere."
Sie ließ ihn los und stieß ihn weg.
"Du schuldest mir was für diese Schleimtour...“
Damit wandte sie ihren Blick von ihm ab und blickte wieder stur hinaus in die Ferne.
So eine verdammte Scheiße.